Aktualisiert am 10. März 2020 von Tobias

Kinderkraxen (häufig auch als Kindertrage oder einfach Kraxe bezeichnet) wurden ursprünglich als Kinder-Tragehilfen für Wanderer entwickelt. Folglich handelt es sich im Grunde um einen Rucksack mit Sitzplatz für ein kleines Kind. Wichtig dabei sind

  • Sicherer Transport des Tragekindes
  • Schutz des Kindes vor Witterungseinflüssen
  • Bequemer Sitz für das Kind
  • Gutes Tragegestell für den Träger
  • Sinnvolles Gepäckfach

Entsprechend pragmatisch waren Kindertragen um die Jahrtausendwende gebaut: stabil, mit gutem Tragesystem für weite Wanderungen, mit um 2,5 kg Gewicht einigermaßen leicht.

Kraxen-Feature-Wahn

Kind in KinderkraxeNun sind wir Eltern von heute ziemlich besorgte Wesen. Ständig befürchten wir, irgendetwas falsch zu machen, den Kindern nicht gerecht zu werden, irgendeinen nicht wieder gutzumachenden Schaden anzurichten. Das jedenfalls scheinen die Hersteller der Kraxen von heute zu vermuten. Also werden diese Tragen für unsere Kinder heute so gebaut, dass wir Eltern glauben, dass sich Kinder darin wohlfühlen werden. Dabei fühlen sich die meisten kleinen Kinder tatsächlich in fast jeder Kraxe wohl (und manche auch in keiner – da sind dann die Trageberater-innen gefragt). Sie haben ihr kleines privates Reich, geschützt durch das tragende Elternteil, mit hervorragender Aussicht und Rückzugsmöglichkeit.

Sinnvolle Wander-Kraxen

Mutter und Tochter kaufen steil bergauf, die Mutter trägt die Kraxe auf dem Rücken

Wo es steil bergauf geht, hilft eine gute Kraxe, unnötige Schweißausbrüche zu vermeiden. Man beachte auch das schmucke Windelpaket unter der Kraxe – es kann nie genug Stauraum geben!

Eltern dagegen, die wirklich richtig wandern wollen, fühlen sich wahrscheinlich nach einiger Wanderzeit mit den „modernen“ Kraxen immer weniger wohl. Bringen doch immer mehr Polsterungen, Verzierungen, Bügel (sogar Spiegel sind mittlerweile gelegentlich eingebaut!) vor allem mehr Gewicht für den Träger, während sie den Kindern meist egal sind! Es gilt also für Wandern und Trekking mit Kindern, auf dem Markt diejenigen Kraxen zu finden, die sowohl leicht als auch praktisch sind. Dies wird hier für einige der gängigsten Modelle getestet. In der Vergleichstabelle finden sich die gängigsten Kraxen und deren für Wanderer wichtigste Merkmale.


Gewicht (kg) Stauraum (l) Sonnendach Tragesystem Fußstützen
Deuter Kid Comfort Plus 2,75 14? ja gut -
Deuter Kid Comfort Lite 2,38 14? - fixiert -
Deuter Kid Comfort 3,23 14 ja gut ja
Deuter Kid Comfort Pro 3,55 22 ja gut ja
Deuter Kid Comfort Active 2,68 12 + 240 g gut ja
Vaude Shuttle Base 2,56 20 + 220 g gut ja
Vaude Shuttle Comfort 3,1 25 + 220 g gut ja
Vaude Shuttle Premium 3,76 25 ja gut ja
MacPac Vamoose V2 3,91 19 ja gut ja
MacPac Possum V2 3,05 13 + 100 g gut ja
Osprey Poco 3,13 20 ja schwach ja
Osprey Poco Plus 3,48 26 ja mittel ja
Osprey Poco Premium 3,77 27+12 ja mittel ja

Die Ultralight-Gewichtsfrage

Abstieg vom Ben Nevis mit Kraxe auf dem Rücken

Für die Kinder Geborgenheit im eigenen Häuschen, für die Eltern manchmal schwer zu tragen: die Kraxe. Hier auf dem Ponyweg am Ben Nevis

Die Light- und Ultralight-Wanderer werden zunächst nur auf das Gewicht schauen. Und wahrscheinlich unglücklich mit den Zahlen sein. Allerdings gibt es eben Kinder nicht in „ultraleicht“ (solange sie gut ernährt werden). Und 15 kg Kind verlangen nach einem guten Tragesystem. Und danach, beim Abstellen nicht auf die Nase zu fallen. Beides zusammen führt dann zu rund 2,5 Kg Gewicht.

Dennoch gibt es keine gute Alternative. Tragetuch und Babytrage haben eben kein Tragegestell, das für den Träger auch nach Stunden und Tagen noch angenehm ist. Und mag das Schwitzen des Trägers bei warmen Temperaturen aufgrund Hautkontakt zum Kind von mancher Seite auch noch so gelobt werden – es bedeutet doch, dass hinterher Kleidung von Träger(in) und Kind nass sind und dass das Eltern-Tragetier mal wieder mehr schwitzen muss als eigentlich nötig. Natürlich machen wir mit unseren eigenen Kindern auch schon lange Wanderungen, bevor sie in der Kraxe sitzen können. Wir kennen also – nach drei Tragekindern – sehr gut den Unterschied. Und wir freuen uns jedes Mal mit dem Kind auf den Umzug in die Kraxe. Natürlich nur fürs Wandern, in der Stadt taugt so eine Babytrage noch lange.

Wirklich sinnvolles Zubehör

Kraxe mit Kind im Schneegestöber, wird gerade abgesetzt

Ein guter Regenschutz bietet den Kleinen auch unter widrigen Umständen Schutz.

Unverzichtbar sind auf jeden Fall Sonnen- und Regenschutz. Ersterer ist natürlich auch mittels Sonnenhut zu erreichen. Allerdings mögen viele Kinder sehr gerne das geborgene „Häuschen“, das durch das Sonnendach auf der Kraxe für sie entsteht. Und der Regenschutz braucht meist auch das Sonnendach als Gerüst zur Befestigung. Mit Regenschutz sind die Kinder bestenfalls fast völlig abgeschirmt von Regen und Wind, was für Eltern sehr beruhigend (und für die Kinder wichtig!) sein kann. Die „Steigbügel“ (Fußstützen), die an fast allen heutigen Kraxen für die Füße der Kinder befestigt sind, sind schon nett. Allerdings lassen sie sich auch problemlos durch eine selbst angebrachte Schlinge ersetzen.

Gepäcktransport mit der Kraxe

Bleibt die Frage, wie groß das Gepäckfach sein soll. Riesig muss es nicht sein, ist die Kraxe doch auch so schon schwer genug. Wer allerdings auf mehrtägige Wandertour geht, wird glücklich über jeden Stauraum sein. Je mehr desto besser. Wobei hier eine Falle zu beachten ist: einige der getesteten Kraxen bieten ein „Daypack“ (Vamoose V2 und Kid Comfort Pro), einen kleinen abnehmbaren Rucksack hinten an der Kraxe. Das ist natürlich kein Ort, wo mehr als leichtestes Handgepäck verstaut werden sollte. Ansonsten macht die Schwerkraft den Schultern der Trageeltern extra Ärger. Somit bringt dieser spezielle Stauraum auch wenig Mehrwert.

Die besten Kraxen im Vergleich

Kind schläft in der Kraxe

Bei den meisten Kraxen knickt der Kopf schlafender Kinder mehr oder weniger seitlich ab. Die Kinder scheint das allerdings nicht zu stören.

Osprey bietet das schönste Häuschen und (mit dem Sonnendach) eine der besten Möglichkeiten für schlafende Kinder, ihren Kopf anzulehnen. Leider ist das Tragesystem nach unserer Erfahrung unterdimensioniert, insbesondere der Hüftgurt zeigt sich dem Kinder-Gewicht nicht gewachsen und erfüllt nicht seine Funktion, die Last von den Schultern zu übernehmen. Auch sitzt das Kind bei den Poco-Kraxen auf einem ziemlich dünnen Steg.

Alle anderen Tragesysteme funktionieren im Prinzip gut. Natürlich ist das individuell verschieden und sollte vor dem Wanderabenteuer ausprobiert werden. Das gilt besonders für die Deuter Kid Comfort Lite Kraxe, bei der die Verstellbarkeit am Rücken ganz eingespart wurde. Wer zusätzlich auch noch auf das Sonnendach verzichten kann, kann aus Gewichtsgründen eventuell zu dieser Kraxe greifen. Aber es gibt bessere Kompromisse. Vaude Shuttle Base und Deuter Kid Comfort Plus sind inklusive Sonnendach nur wenig schwerer und damit die leichtesten sinnvoll nutzbaren Kraxen im Vergleich. Da sie im Übrigen alles bieten, was wirklich gebraucht wird, sind diese beiden Kindertragen daher unser klarer Kauftipp für 2018.

Alternative: Gebrauchtmarkt

Schlafende Mutter neben schlafendem Kind und einem zweiten Kind, das in der Kraxe zugedeckt ist, in wilder Berglandschaft.

Manchmal schläft ein Kind in der Kraxe ganz fest ein. Dann kann auch gleich die ganze Familie Mittagschlaf machen (hier in Norwegen).

Wir hatten die letzten Jahre über auch eine Macpac Possum Kraxe im Einsatz und waren damit sehr zufrieden. Allerdings gibt es sinnvolle Exemplare von diesem Hersteller nur noch gebraucht zu erwerben (Manchmal auch fälschlich als ‚Opossum‘, dann vielleicht noch günstiger). Die aktuellen Modelle sind mindestens ein halbes Kilo schwerer geworden (2004: 2,45 kg, heute: 3,05 kg) bei gleichzeitig deutlich reduziertem Volumen des Gepäckfachs (von 25 l auf 13 l !). Ein für richtiges Wandern hilfreicher Mehrwert findet sich dagegen nicht. Noch schlimmer ergeht es beim Gewicht den aktuellen Kraxen von Deuter. Vergleicht man jeweils alte Modelle mit ihren direkten Nachfolgern, so ist beispielsweise die Kid Comfort Kraxe in den letzten Jahren um fast ein ganzes Kilo schwerer geworden (2004: 2,3 kg, 2009: 2,75 kg, heute: 3,25 kg). Und Kid Comfort Pro wiegt nun bereits fast vier Kilogramm. Nun ja, nehmen wir nicht alle ein bisschen zu mit dem Alter …?

Glücklich mit neuer Kraxe

Schlafendes Kind in der Kraxe mit angelehntem Kopf

Erschöpftes Kraxen-Kind beim Mittagschlaf. So mancher Sonnenschutz hilft auch als Kopfstütze aus.

Zum Glück gibt es ja da noch die (sehr preisgünstige!) „Plus“-Kraxe von Deuter, die offenbar ein spezielles Modell für Decathlon ist und noch nicht vom eingangs beschriebenen Wahn erfasst. Und die Base-Kraxe von Vaude, wo man auch zum Glück teilweise noch pragmatisch für Wanderer denkt! Wie heil die Welt diesbezüglich auf dem Segment der Kraxen 2004 war, zeigt ein Vergleichstest von damals.

Unabhängig von der gewählten Kraxe sollte das Kind sich körperlich langsam an längere Touren gewöhnen können. Nur wenn Rumpfmuskulatur und Halteapparat stark genug sind, machen dem Kind auch längere Wanderungen Spaß. Dann bleibt wirklich nur noch, den Wander-Eltern zum schönen Erfolg zu gratulieren und viel Spaß zu wünschen bei allen Familientouren mit Kleinkind(ern)!

Wir freuen uns über eigene Erfahrungen, Praxistests, Vergleiche mit Kraxen und anderen Tragehilfen. Gerne gleich hier als Kommentar!

 
Als Amazon-Partner verdiene ich an qualifizierten Käufen. Die mit Sternchen (*) gekennzeichneten Verweise sind sogenannte Provisions-/Werbe-Links. Bei Einkäufen über einen solchen Link bekomme ich eine Provision, der Kaufpreis ändert sich dadurch nicht. Wichtig dabei: wir bewerben nur positiv, was wir auch wirklich gut finden!

0 Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Avatar-Platzhalter

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert