Aktualisiert am 15. April 2020 von Tobias
Greta und der Klima-Debatte sei Dank hatten wir uns schon länger gefragt: kommen wir aus Süddeutschland ohne Flugzeug bis in die Mitte von Schweden? Mit drei kleinen Kindern, Gepäck und trotzdem möglichst entspannt? Diesen Herbst haben wir es ausprobiert und sind per Nachtzug und Tag-Zug und Zwischenstopp Stück für Stück gen Norden gefahren. Spannend! Eine kleine Reisebeschreibung, mit ein paar Tipps für Klimaschutz-interessierte Familien.
Start im Süden
Schon beim Start in Süddeutschland kommen Schweden-Gefühle auf. Fast könnte man behaupten, der Bodensee sei genauso schön wie Schweden. Fast!
Aber wir haben ja große Pläne. Denn Abenteuer erleben sich fernab der Heimat einfach noch besser. Also steigen wir – Sonnenuntergang hin oder her – in den nächsten Zug nach Offenburg. Nach einem Zwischenfall mit einer kleinen Kopfplatzwunde am Bahnhof …, erkunden wir gemütlich die beschauliche Altstadt. Obwohl trotz der späten Stunde bei den Kindern mehr Ungestüm als Gemütlichkeit zu erkennen ist.
Platz nehmen im Nachtzug
Das ändert sich zum Glück bei der nächsten Station: nur wenige Minuten nach dem Einstieg in den Nachtzug um 22:30 Uhr schlafen alle drei Kinder. Faire Belohnung für uns Eltern. Wir bekommen sogar tatsächlich eine ziemlich störungsfreie Nachtzug-Nacht „geschenkt“. Mit drei Kindern besetzen wir ein ganzes Abteil mit vier Betten, was angenehme Privatsphäre und sorgenfreies Reisen bringt. Und sogar ein bisschen Frühstück gibt es im Nachtzug auf den „billigen Plätzen“, seit der zu Österreich gehört (eine wirklich ungeschickte Entscheidung der deutschen Bahn unserer Meinung nach)!
Fast in Handumdrehen erreichen wir so am Morgen den Hamburger Hauptbahnhof. Fast ausgeschlafen. Naja, zu Hause gibt manchmal schlechtere Nächte. Und das sanfte Rattern und Wackeln im Nachtzug hilft wirklich schön beim immer wieder Einschlafen!
Hamburg erkunden
Zur Sicherheit haben wir 1,5 h Umsteigezeit eingeplant. Hamburg will erkundet werden! Wir bewundern die Binnen-Alster, lassen uns vom frischen Wind endgültig aufwecken, und schlendern ein wenig durch die Altstadt. Unser erster gemeinsamer Hamburg-Besuch!
Zug um Zug. Und Schiff.
Nach unserem Blitzbesuch in Hamburg fahren wir weiter nach Kopenhagen. Dass der Zug ab Fehmarn in einem Schiff parkt, finden die Kinder ziemlich umwerfend!
Und die Eltern haben eine gute Zeit, weil so ein Schiff eine ziemlich spannende Abwechslung ist! Die Puttgarden Rödby Fähre hat sogar eine Kinderspielecke, mit richtigen Spielgeräten. Wobei es draußen – outdoor – natürlich auch hier am schönsten ist! Nach dieser allgemeinen Erfrischung schaffen wir dann auch noch gut das etwas dröge letzte Stück Zugfahrt für heute, bis Kopenhagen.
Kopenhagen entdecken
In Kopenhagen laufen wir erst einmal rund um das berühmte Tivoli herum (Wenn die Kinder älter sind, müssen wir wahrscheinlich auch mal rein gehen?). Eigentlich wollen wir uns danach die Altstadt zusammen ansehen. Aber erstens ist es windig und zweitens ist dort alles voller Menschen. Oder sind wir etwa doch mittlerweile müde geworden??
Kurzentschlossen steigen wir schnell in die ziemlich neue Kopenhagener U-Bahn ein. Die fährt ohne Fahrer, so dass die Kinder direkt vorn und hinten rausschauen können. Das ist ziemlich geeignet, um zum Beispiel Lokführer zu spielen. Was ist das doch schon wieder aufregend!
Hygge Jugendherberge
Nun haben wir uns ja wohl einen beschaulichen Abend verdient. Den finden wir ganz wunderbar in der am Stadtrand von Kopenhagen gelegenen Jugendherberge Amager. Viel gemütlicher können wir uns das jedenfalls im Moment nicht vorstellen. Ein kleines Dorf mit netten kleinen Häuschen, durch lichte Gänge vor dem nassen Wetter draußen geschützt.
Die Einrichtung ist ziemlich bewusst gemütlich. Hygge eben! Wie es gerade von Dänemark aus überall hin exportiert wird. Macht aber wirklich eine nette Atmosphäre! Und einen großen Spiel- und Aufenthaltsraum für Kinder und Familien gibt es auch hier. Und einen coolen Spielplatz. Und sogar Frühstück. Aber …
Nach Schweden
… wir wollen ja weiter. Am nächsten Morgen fahren wir – noch vor dem Frühstück! – mit dem Zug über die Öresund-Brücke nach Schweden. Jetzt ist noch einmal Umsteigen gefragt in Mjölby, und „schon“ sind wir am Ziel der Reise – die Stadt Örebro im Süden von Schweden, zwischen Stockholm und Göteborg.
Am Ziel: Örebro
Örebro kennen wir schon ein bisschen, hier waren wir schön öfter, und auch mal über etwas längere Zeit. Diesmal sind wir hier, um Freunde zu besuchen und deren Kinder. Und verbringen vor allem viel Zeit in der schönen Natur rund um den See Hjälmaren.
Der Hjälmaren ist ziemlich genau gleich groß wie der Bodensee, an dem wir gestartet sind. Und er bietet mindestens genauso romantische Sonnenuntergänge! Schon toll, dass wir als Familie Zuhause in den Zug gestiegen und einige Abenteuer und Erlebnisse später hier rausgekommen sind.
Erfolg: Zug ist gut!
Schön zu sehen, dass nachhaltigeres Reisen mit Familie möglich ist. Und dass es tatsächlich Spaß macht, ganz klassisch über mehrere Tage mit der Bahn in den Urlaub zu fahren. Dabei haben wir sogar viel mehr interessante Dinge erlebt, als bei einem schnöden Flug. Und Energie und CO2 gespart, mit kreativer Gestaltung statt schnöder Flug-Scham!
Organisatorisches
Leider gibt es (Stand 2019/2020) nicht mehr besonders viele Nachtzüge. Hamburg erreichen Nachtzüge von ÖBB Nightjet aus Richtung Basel und München. Von Berlin aus gibt es im Sommer einen Nachtzug nach Malmö. Beides verkürzt die (wache) Fahrzeit nach Schweden oder Norwegen enorm. In Schweden und Norwegen selbst gibt es dann auch wieder Nachtzüge, wenn man noch „höher hinaus“ möchte (z.B. nach Bergen, Trondheim, Stavanger / Stockholm, Östersund, Luleå).
Eine schöne Abkürzung und Abwechslung für Südnorwegen ist die Fähre von Hirtshals nach Kristiansand oder Bergen. So lässt sich, vielleicht verbunden mit einer der gemütlichen skandinavischen Jugendherbergen (Vandrarhem), ein sehr entspannter und abwechslungsreicher (An-)Reise-Urlaub zusammenfügen. Da wird der Familienausflug zur modernen klimafreundlichen Entdeckungsreise. Wir sind überzeugt, wir wollen das wieder tun!
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6 Kommentare
Claudia · 9. Dezember 2019 um 21:59
Wieviel hat euch die Anreise mit Zug und Jugendherberge gekostet für die komplette Familie?
Tobias · 9. Dezember 2019 um 22:29
Hallo Claudia,
Das Mini-Reiseabenteuer hat ungefähr doppelt so viel gekostet, wie uns der Flug gekostet hätte (absolut weiß ich die Zahl nicht mehr, ein paar hundert Euro aber schon, zu fünft). Aber dafür haben wir zwei Qualitäts-Tage und Nächte erhalten, für die wir ja sonst auch mindestens 2x Übernachten in Jugendherberge, Hotel oder Hütte bezahlt hätten. Der Reise-Plan muss wahrscheinlich einfach entspannt genug sein, so dass die extra Reisezeit auch eine gute Familien-Zeit wird. Und dazu hin wäre es natürlich auch noch schön, wenn irgendwann diese Art des Reisens billiger wird als das Fliegen. Schon wegen der Lenkungswirkung, um ein klein wenig Ressourcen zu schonen. Aber da können wir vielleicht noch lange warten …?
Steffi · 10. Dezember 2019 um 11:00
Wow, das klingt ja spannend. Da wird die Anreise und Abreise doch gleich zum erlebinsreichen Urlaubsbestandteil. Wie habt ihr das denn mit dem Gepäck gelöst?
Tobias · 10. Dezember 2019 um 12:18
Hallo Steffi,
Für das Gepäck sind wir Freunde von Rucksäcken. Die lassen sich im Zug und auf dem Bahnsteig viel unbeschwerter transportieren als die allseits beliebten Rollkoffer. Die Kinder haben auch welche auf dem Rücken (wollen sie auch). Und wenn nur Kleidung und Windeln transportiert werden müssen, ist das auch für alle Rücken gut tragbar. Hier unsere Idee vom sinnvollen Inhalt so eines Rucksacks auf Reisen: Packliste Wandern.
Viel Spaß da draußen in der Welt!
Meike · 31. Dezember 2019 um 11:43
Das gleiche haben wir in Richtung Süden nach Sizilien unternommen. Mit Nachtzug via Rom nach Palermo mit zwei Kleinkindern. Es war eine wunderschöne Erfahrung und ich möchte diese doch auch etwas langsame Art zu reisen nicht mehr missen.
Tobias · 6. Januar 2020 um 21:22
Hallo Meike,
Schön, so ein Beispiel, das einfach ein bisschen abweicht von der heute „klassischen“ Flugzeug-Methode für den Urlaub. Und Kinder-Abenteuer und Entspannung sind es ja wirklich wert. Wir planen auch schon fleißig für nächsten Sommer, mit Nachtzug, Fähre, Norwegen-Zug – das macht auch schon Spaß! Und den Süden müssen wir dann unbedingt auch mal ausprobieren!
Schöne Grüße
Tobias