Aktualisiert am 10. September 2019 von Tobias
Eines unserer absoluten Outdoor-Lieblingsziele mit Kindern ist Norwegen. Kaum ein anderes Land ermöglicht es, so einfach auch mit kleinen Kindern weite Wanderungen zu unternehmen. Und das in nahezu unberührter Natur. Die Hütteninfrastruktur ist darauf in einmaliger Weise ausgelegt, und auch zelten darf man fast überall. Besonders hilfreich sind für so eine Trekking-Familie die zahlreichen Selbstversorgerhütten, so dass sich auch reine Hüttenwanderungen organisieren lassen. Viele von diesen Hütten beherbergen nämlich einen (gegen Geld) frei für alle Wanderer verfügbaren Vorratsschrank. Das gilt auch für die Hütten der Fjordruta (Seite auf norwegisch, aber Karte und Bilder sind ja international; oder auf deutsch das Buch zum Wanderweg) in der Nähe von Trondheim. So lässt sich das Rucksackgewicht trotz Kindern für alle erträglich halten.
Hier folgt die Beschreibung einer Etappe unserer Weitwanderung von Hütte zu Hütte, damals noch als vierköpfige Familie. Start ist an diesem Tag, irgendwo mitten auf der Fjordruta, eine Hütte mit dem markigen Namen Grytbakksetra. Am Ende des Tages wollen wir die 16 Kilometer entfernte Hermannhytta erreichen. Die Distanz markiert das Maximum der aktuellen Möglichkeiten unseres selbstlaufenden (fast) vierjährigen Wander-Mädchens. Und auch der (fast) zweijährige Wanderjunge drängt irgendwann meist auf die nächste Hütte. Also geben wir uns Mühe, am Morgen gleich einigermaßen früh loszukommen. Nach Windeln wechseln, Frühstück, Zähneputzen, Hütte aufräumen, selbstverständlich.
Zuerst folgen wir arglos dem Schild mit der Aufschrift „Hermannhytta“ direkt bei unserer Hütte. Dieses führt uns sogleich zu einem Fluss. Und zu einem Smiley, der uns an dessem anderen Ufer von einem Stein aus anlacht. Aha, hier soll man also hindurch waten. Das durchqueren von Flüssen ist schon ohne Kinder manchmal ein Abenteuer. Mit Kindern wird es schnell zur Expedition. Entweder die Kinder laufen selbst durchs kalte Wasser, dann muss der Fluss sehr seicht und übersichtlich sein. Oder sie werden getragen. Dann wünschen sich die Trage-Eltern die seichte und übersichtliche Furt. Potentiell anstrengend also.
Aber: sind wir nicht am Vortag ein paar hundert Meter weiter flussaufwärts ganz einfach über eine Brücke zu unserer Hütte gekommen? Das klingt doch deutlich entspannter, für den Anfang! Also, ab durchs Gebüsch, ein Stückchen am Ufer entlang, zur Brücke. Die hat zwar kein Geländer, wirkt sonst aber vertrauenserweckend und bequem. Rüber mit uns!
Ein paar Meter weiter, auf der anderen Flussseite wieder flussabwärts, finden wir zur Belohnung ein paar eindrucksvolle Riesen-Steinmännchen. Unser Wandermädchen ist sehr begeistert und erforscht sie von allen Seiten. Da wir keinen Reiseführer dabeihaben, haben wir keine Ahnung, welche Art Attraktion sich uns hier präsentiert. Egal, schön anzuschauen jedenfalls! Zurück auf dem eigentlichen Weg gehts erstmal ein Stückchen weit entspannt durchs Hügelland. Laut Karte ist das heute ganz einfach: wir queren erst einmal, dann noch einmal und dann ein drittes Mal mehr oder weniger ausgedehnte Täler. Und schon sind wir bei der nächsten Hütte.
Das erste Tal, das sich als Sumpfgebiet erweist, quert (bzw. dankenswerter Weise: umrundet) sich dann auch recht entspannt. Die Kinder laufen und forschen noch wunschgemäß begeistert, sogar bergauf. Auf dem folgenden Hügel ist es ausgesprochen idyllisch (siehe Titelbild), und von da aus geht es auch schon recht bald in Tal nummer zwei. Mit nur noch einem Lauf-Kind – unser kleineres kleines Kind hat sich mittlerweile einen Platz in der Kraxe verschafft und ist sogleich eingeschlafen.
Schon von oben sieht man, dass dieses nächste Tal vom zweiten Fluss des Tages durchzogen wird. Sehr malerisch anzuschauen. Nur diesmal ohne Brücke. Irgendwie werden wir da wohl durch müssen. Zum Glück scheint in diesem Tal (trotz reichlichen Regens der letzten Tage) gerade nicht Hochwasserzeit zu sein. Und die Wegmarkierung führt zuverlässig zu einer unaufregend seichten Furt. So wird es denn auch nur etwas kalt an den Füßen, und für den Papa etwas schwerer auf den Schultern, beim Hindurchwaten. Gleich zwei Kinder auf einmal rüberzutragen bietet den trotzdem angenehmen Vorteil, dass man keine unnötigen Wege durch das Wasser gehen muss. Und, dass nicht ein Kind alleine an einem Flussufer warten muss. Zumal das Kleinere immer noch zu schlafen scheint (toll, so eine Kraxe!). Klappt zum Glück ganz gut, das „gemeinsame“ Waten durch diesen Fluss.
Nach dem Fluss wird die Gegend noch viel idyllischer. Ist die Fjordruta sonst eher ein moderner Steig, ausgetreten und mit reichlich roten Markierungen versehen, wird es nun eher einsam bezüglich der Wegfindung. Mit ein paar kleinen testweisen Umwegen („könnte der Weg vielleicht auch dort langgehen?“) kommen wir trotzdem gut durch die großartige Landschaft. Ein ziemlich verlassenes Gehöft unterstreicht nur die Wildheit der Natur. Und so erklimmen wir schon bald den zweiten Bergrücken des Tages. Der ist irgendwie viel breiter als der erste, und so zieht sich trotz schöner Seen unterwegs dieses Wegstück schon deutlich.
Dafür machen wir hier auch eine gemütliche Pause. Die die Kinder auch dringend einfordern! Auf dem Bild sieht man, wie die frisch gestärkten Wanderer sodann schon wieder weiterziehen (ganz klein, hinten links). Und dem Papa die Reste überlassen. Auch bemerkenswert: ein wenig später begegnen wir einem anderen Wanderer. Dem ersten seit einigen Tagen! Genaugenommen passiert er uns schnellen Schrittes. Trekking ohne kleine Kinder ist etwas flotter.
Die Landschaft ist hier charakterisiert durch wunderschöne Seen, weite Landschaft, und den einen oder anderen Hügel, den wir überqueren. Die Seen finden Eltern wie Kinder nett, die Kinder vor allem, weil man Dinge reinwerfen kann. Die Hügel finden wir auch noch nett, noch sind auch alle Wanderer und Wanderinnen gut zur Überquerung derselben zu überreden (siehe hierzu auch weiter unten …).
Und wir erblicken (irgendwann) die nächste Tiefebene. Ist die groß! Sollte wohl heißen: ist die schön! Aber uns beeindruckt jetzt gerade doch mehr die Weite – und dass wir da noch hindurch wollen heute. Dahinter zeigt sich dafür ein spannendes Bergpanorama: die Berge von Trollhemen sind ab jetzt unsere grandiose Kulisse.
Schon beim Abstieg in das Riesental sehen wir, dass hier mehr Zivilisation zu finden sein wird. So kommen wir an einem veritablen Weiler vorbei und queren nach einer weiteren Pause im Tal sogar eine richtige (Schotter-)Straße. Auch sind hier zahlreiche schmucke kleine norwegische Ferienhäuser in die Seenlandschaft gestreut.
Unser kleiner – gerade wieder mal selbst laufender – Wanderjunge macht derweil Bekanntschaft mit einem besonders heimtückischen Matschloch. Das er erst entdeckt, als er hineinstolpert. Und in den sein ganzes eines Bein hineinpasst. Seine Reaktion deutet eindeutig darauf hin, dass er das gar nicht lustig findet. Und die Bescherung gaanz schnell wieder gereinigt haben möchte!
Wir werden nun alle zunehmend Ziel-orientiert und interessieren uns nur noch mäßig für die attraktive Landschaft. Auch eine wohl sehenswerte Höhle, die in unserem Reiseführer (zu Hause) gelobt worden war, lassen wir unzeremoniell links (keine Ahnung eigentlich, ob links oder rechts!) liegen.
Nach dem Unterqueren einer nicht ganz so attraktiven Stromleitung nähern wir uns dem letzten Bergrücken-Hügel des Tages. Oder doch nur einem Vorhügel? Einem Vorhügel vom Vorhügel? Tatsächlich erweist sich unsere Prognose des letzten Hügels mehrmals als falsch, bevor wir dann doch irgendwann auf demselben stehen.
Nun ist es nicht mehr weit: tatsächlich ist von besagtem wirklich letztem Hügel aus verhältnismäßig fast umgehend unser Tagesziel zu erreichen: die Hermannhytta. Und das ist auch dringend nötig! Ging es doch mit der Kindermotivation schon deutlich ein oder zwei der besagten Hügel früher bergab. Und auch die Aussicht auf Ruhe, Essen, Spielen, wenn wir erstmal an der Hütte angekommen sind, konnte keine(n) mehr hinter dem Ofen (gibt es dort auch auf jeder Hütte!) hervorholen. Zum Glück sind wir trotzdem gut angekommen. Und zum Glück gibt es jede Menge Essen auf der Hütte. Das wir sogleich begeistert verspeisen.
Nach dem für unser Team doch grenzwertig langen Weg nutzen wir die beschauliche und wie die meisten anderen Hütten des DNT hier urig-gemütlich eingerichtete Hütte gleich für einen verdienten Pausetag. Die Hütte ist einfach wunderbar gemütlich, die Sonne scheint, es ist keiner da außer uns. Und sogar ein funktionierendes Radio gibt es hier für unsere beiden Party-Kinder! Willkommene Zeit zur Erholung, zum Schwelgen in Landschaft und Wanderung und zur Planung unseres nächsten Wandertags. Und einige davon sollten noch kommen, in diesem Urlaub. Wir haben doch einige Freiheit gewonnen, betrachtet man unsere bescheidenen Familien-Wander-Anfänge! Und wir haben den Grundstein gelegt für noch größere Familien-Wander-Abenteuer in Skandinavien. Was für eine wunderschöne Familien-Erfahrung.
Wer auch in dieser Gegend wandern gehen will, dem sei der sehr schöne Wanderführer über die Fjordruta empfohlen (der Autor war dort auch schon mit den eigenen Kindern wandern!). Prinzipiell eignet sich die Fjordruta gut für erste Trekking-Erfahrungen mit Kindern (oder auch Tageswanderungen vom nächsten Parkplatz aus). Für Familientauglichkeit und Entspannung sorgen gute Hütteninfrastruktur, fast immer hervorragend markierte Wege und meist beschauliches Ambiente. Und die Abstände von Hütte zu Hütte sind verhältnismäßig kurz. Und es gibt Flughafen (Kristiansund) und Busverbindung direkt am Wanderweg. Dabei ist die Zivilisation meist nur wenige Stunden entfernt und dennoch unsichtbar. Ein guter Kompromiss für Familien mit kleinen Kindern.
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1 Kommentar
Geertje Marquardt · 11. März 2020 um 10:30
Super schöne Inspirationen, danke sagt die nordicfamily